Unser finaler Blick auf die WM

Wir haben diesen Artikel zuletzt am 19.Dezember.2022 aktualisiert 

Die Weltmeisterschaft hat mit Argentinien einen sportlichen Sieger und wir beenden damit unsere WM-Serie aus Sicht von HEINRICH Kommunikation! Dabei haben sich unsere Berater Stephan Stock, Oliver Samwald und Julian Gnan jeweils eine der drei noch verbleibenden Themenkomplexe 4-6 vorgeknüpft und aus Ihrer Perspektive beantwortet. Viel Spaß beim Lesen!

 

Thema 4: Die Medien übten im Vorfeld massive Kritik an Katar. Werden Themen wie Menschenrechte aber auch weiter angesprochen, sobald das erste Spiel angepfiffen ist? Zeichen setzen oder Medien-business as usual?

Von Stephan Stock

Fakt ist: Katar war keine WM wie jede andere, aber wie immer liegt auch der mediale Umgang mit dem Thema Menschenrechte im Auge des Betrachters. Die „kritischen deutschen“ Medien haben im Vorfeld viel Aufklärungsarbeit geleistet, Missstände aufgezeigt, das Informationsangebot zu Katar war riesengroß, eine Doku und Titelstory jagte die nächste. Auch die „Binden-Frage“ wurde vor dem ersten Anpfiff medial auf allen Kanälen als „Frage der Nation“ rauf und runter gespielt, die Welle der Empörung und Enttäuschung nach deren „Beerdigung“ noch einige Tage geritten – aber dann?

Oder besser: wer eigentlich noch? Deutschland stand mit seiner Binden-Empörung sehr schnell allein auf weiter Flur. Die „Mund-zu“-Notlösung der Mannschaft – selbst im eigenen Team umstritten – flog dem DFB nach dem sportlichen Aus weltweit um die Ohren, Spott und Schadenfreude inklusive. International war der Fokus gefühlt – bis auf wenige Ausnahmen – schnell und stark aufs Sportliche gerichtet. Auf die allgemeine WM-Begeisterung konnten sich die scharf kritisierte FIFA und Gastgeber Katar letztendlich verlassen und auch die deutsche Medienlandschaft und Berichterstattung hatte – bei allem WM-Verdruss – mit den sportlichen Auftritten und dem enttäuschenden Abschneiden der Flick-Elf schnell genug zu tun und Futter für dicke Schlagzeilen. Menschenrechte und Katar-Kritik: international überschaubar, hierzulande nach dem kurzen Binden-Aufschrei nur noch ein vereinzeltes Aufflammen.

Eine Wertung hierzu allerdings auch schwierig, denn der allgemeine Tenor eben auch klar spür-, hör- und lesbar: in Sachen Menschenrechte ist die Politik gefordert. Der Sport als Spiegelbild der Gesellschaft und vor allem die Sportler*innen dürfen auch nicht politisch überfrachtet werden – bei aller Brennglas- und Vorbildfunktion. Insofern der Fokus aufs Sportliche auf Medienseite nicht per se zu kritisieren, zumal das viele Sender, Journalisten und Verantwortliche auch genauso kommuniziert und betont haben. Business as usual – nicht wirklich, aber für viele Sport-Fans irgendwann auch willkommen in diesen turbulenten Zeiten.

 

Thema 5: Rund 5 Milliarden Menschen und damit weit mehr als die Hälfte der Welt-Bevölkerung verfolgen die Weltmeisterschaft. Was ist dran an der FIFA-Prognose? Rekord-Einschaltquoten oder doch Boykott-Stimmung und WM-Stimmungsflaute?

Von Oliver Samwald

Die FIFA steht schon lange in der öffentlichen Kritik und die Außendarstellung des prominentesten FIFA-Protagonisten Gianni Infantino leistet dazu zweifellos ihren Beitrag. Der kolportierte Rohrkrepierer mit Blick auf die Einschaltquoten wurde das Turnier jedoch nicht, im Gegenteil: Weltweit erzielten die Spiele Rekordeinschaltquoten, auch viele europäische Staaten vermelden Top-Marktanteile. Die offiziellen Zahlen sollten in Kürze folgen.

Deutschlands Desinteresse an der WM lässt sich dreifach begründen: Neben dem politisch motivierten Boykott vieler Haushalte machten sich das frühe DFB-Ausscheiden und der jahreszeitlich bedingte, fehlende WM-Fokus hierbei deutlich bemerkbar. Bis zu 40 Prozent geringer sei die Sehbeteiligung gegenüber vergleichbaren Turnieren der jüngeren Vergangenheit ausgefallen.

Zweifellos bleibt Deutschland ein wichtiger, europäischer TV-Markt für die FIFA, doch ein wirkungsvolles Statement ist der Bundesrepublik im Rahmen von Katar nicht gelungen, weder sportlich noch politisch. Es bleiben rund eineinhalb Jahre Vorbereitungszeit, um die Austragung der Europameisterschaft 2024 inhaltlich vorzubereiten und Fußball-Deutschland mit einem fokussierten Neustart zu begeistern.

 

Unsere Sportexperten von HEINRICH Kommunikation stehen vor einem Bild der WM-Siegerehrung. Zwei von ihnen halten den offiziellen WM 22 Fußball in der Hand.

 

Thema 6: Auch in Katar gibt es am Ende einen Titelträger! Wie kommuniziert der Weltmeister 2022 im Spannungsfeld zwischen politischer Verantwortlichkeit und sportlichem Highlight?

Von Julian Gnan

Argentinien ist Weltmeister, Messi ist Weltmeister. Das sportliche Highlight des Turniers war definitiv das Finalspektakel. Am Ende steht der vermutlich beste Spieler aller Zeiten mit dem bedeutendsten Pokal der Fußballwelt im Zentrum.

Ein wirkliches Spannungsfeld gab es in Argentinien eigentlich nicht. 1978 fand die Weltmeisterschaft im Land der „Albiceleste“ selbst statt, zu Zeiten der Militärdiktatur, der rund 30.000 Menschen zum Opfer fielen. Auch damals gab es einen Aufschrei, auch damals überstrahlte am Ende das Ergebnis alles andere, denn sportlich lief es. Argentinien holte den ersten Titel. Bis heute gibt es gesellschaftliche Diskussionen um die Aufarbeitung dieser Zeit der Militärregierung, auch weil die Diktatur das Turnier instrumentalisierte und sich im Glanz der Weltmeister sonnte. Im Vorfeld der diesjährigen WM in Katar gab es – vielleicht auch wegen der eigenen Historie – nahezu keine Kritik am arabischen Gastgeber und den skandalösen, verheerenden Umständen, wie die WM an den Golf kam und vorbereitet wurde. Ein anderer Grund: Messi.

1986 war Argentinien im Olymp. Maradona wurde DER Spieler weltweit und führte Argentinien nahezu im Alleingang zum zweiten Titel. Vier Jahre später machte Deutschland einen Strich durch die Titelverteidigung. Spätestens seit 1994 hoffte Argentinien sehnsüchtig auf Titel Nummer drei. Beim damaligen Turnier in den USA verkam die Legende Diego Armando Maradona am Ende seiner illustren Karriere endgültig zur Skandalfigur, wurde wegen Drogenmissbrauchs sogar von der FIFA im laufenden Turnier suspendiert. Argentinien schied im Achtelfinale gegen Rumänien (ja!) aus. Danach kam der Bruch, eine neue Symbolfigur fehlte. Es folgte eine Reihe enttäuschender Turniere, so richtig in die Nähe des goldenen Pokals kam man nur 2014 im Nachbarland Brasilien.

Bei Lionel Messis letzter Weltmeisterschaft musste es nun klappen. Doch trotz dieses Drucks und der enormen Erwartungshaltung gelang es der Mannschaft von Trainer Lionel Scaloni, dem jüngsten des Turniers, eine Einheit zu bilden. Die Mannschaft spielte nicht nur für Messi und wartete nicht mehr nur auf die genialen Momente der Nummer zehn. Es bildete sich vielmehr eine nahezu ideale Kombination aus Jung und Alt, robust und filigran, defensiv und offensiv, Arbeit und Zauber. Zudem gab es gefühlt nur Heimspiele – eine beeindruckende Zahl an Argentiniern machte sich auf den Weg an den Golf – viele sparten seit dem 30.06.2018 auf die Reise. Da schied Argentinien bei der letzten WM aus – gegen Frankreich.

Die (An-)Spannung ist weg, Diskussionen gibt es keine mehr. Messi und der Pokal strahlen, überstrahlen alles. Jahre und Jahrzehnte der einen Story sind vorbei. Ja, er hat es geschafft, Argentinien hat es geschafft. Der Sport schreibt seine eigenen Geschichten und das darf er auch, das soll er vermutlich sogar. Die enorme, kommunikative Strahlkraft sportlicher (Groß-)Veranstaltungen ist einmal mehr unter Beweis gestellt worden. Aus der Geschichte wissen wir um die Chancen und Gefahren dieses Potenzials, und auch nach Katar gilt: Auch wenn die politischen Dimensionen vorerst in den Hintergrund gerückt wurden, gibt es immer noch eine Realität um den grünen Rasen herum. Sport, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind eng miteinander verknüpft und mehr denn je bedarf es der ganzheitlichen Betrachtung dieses Vierklangs.

Visuelle Kommunikation der WM

Wir haben diesen Artikel zuletzt am 16.Dezember.2022 aktualisiert 

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Auf welche Merkmale und Besonderheiten muss man bei einem Logo achten? Wie wichtig sind Kontraste bei Fußballtrikots? Müssen eine Logo-Kreation und ein Fußballstadion in irgendeiner Form zusammenpassen?

Unsere Grafikabteilung hat sich beim Verfolgen der Fußball-WM in Katar ganz speziell diesen optischen Details gewidmet und spannende Erkenntnisse erzielt. In diesem Video bekommt ihr Insider-Wissen und den Expertinnen-Blick von unserer Art Directorin Tatjana und Designerin Kristina.

 

Der WM-Auftakt aus unserer Sicht

Am Montag, den 21. November.2022 waren unsere Sportler live auf Instagram, um über das Turnier und die WM-Eröffnung zu sprechen.

Danke, dass so viele von euch dabei waren!

 

Falls ihr die Liveübertragung verpasst habt, könnt ihr hier das Video nachschauen.

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Sechs WM-Thesen auf dem Prüfstand

Die 22. Fußballweltmeisterschaft startet am Sonntagabend und bringt eine ganze Reihe an Neuerungen mit sich: Erstmals wird das größte Turnier der Welt im Winter ausgetragen. Erstmals ist Katar und damit ein arabisches Land Ausrichter. Medien und Öffentlichkeit diskutieren angesichts der Missachtung von Menschenrechten vor Ort seit Wochen tagtäglich, ob eine WM dort stattfinden dürfe. Die Lager sind gespalten: Der eine und deutlich lautere Teil kündigt an, das Turnier zu boykottieren. Der andere fokussiert sich auf das Sportliche möchte sich dieses gesellschaftliche Großereignis nicht entgehen lassen.

Es ist eine oberflächliche Diskussion. Auch ein gut gemeinter und begründeter Boykott wird kaum Wirkung erzeugen. Denn die gegenwärtige Entrüstung kommt deutlich zu spät. Vor zwölf Jahren hat die FIFA die Turnieraustragung überraschend dem Wüstenstaat anvertraut – nach einer mehr als fragwürdigen Vergabe-Posse inkl. Korruption und Posten-Geschacher. Ohne den großen Aufschrei. Auch nach der Verschiebung in den Winter blieben Widerstand bzw. konstruktive Vorschläge für Austragungsalternativen aus. Und heute? Unsere krisengebeutelte Gesellschaft, die in der jüngsten Vergangenheit neben dem Kriegsgeschehen in der Ukraine auch die Corona-Pandemie und als Folge beider Entwicklungen eine massive Inflation wegstecken muss, blickt in großen Teilen skeptisch auf den bevorstehenden „Kick-Off“ am Persischen Golf.

 

Geschichten, die nur der Sport schreibt

Dabei wäre die unbestrittene, integrative Kraft des Fußballs und eine packende WM-Begeisterung nach diesen zehrenden Jahren so dringend gefragt. Mit der rein sportlichen Brille betrachtet, lässt sich natürlich auch viel Potenzial zum Dopamin-Ausstoß finden. Denn es gibt sie durchaus, diese Geschichten, die salopp formuliert eben nur der Fußball erzählt. Die von Niklas Füllkrug, vor einem Jahr Zweitliga-Kicker vom SV Werder Bremen, für den mit 29 Jahren durch seine Berufung ein Traum in Erfüllung geht. Oder die Nominierung von Youssoufa Moukoko, etwa, der kurz nach seinem 18. Geburtstag als jüngster Spieler in Katar dabei sein wird und bei einem Einsatz Uwe Seeler als jüngsten DFB-Akteur bei einer WM ablösen wird. Nicht zu vergessen ist dabei auch der vermutlich letzte Aufgalopp der alternden Weltstars Cristiano Ronaldo (37) und Lionel Messi (35) bei einem Großturnier.

 

Der kommunikative Blick auf Doha

Also, was tun als professionelle Agentur? Für uns steht fest: Wir machen unseren Job. Und dazu zählt für Kommunikationsprofis, ein mediales Großereignis mit unserem speziellen Fokus auf die kommunikative Arbeit vor Ort zu verfolgen, diese einzuordnen und zu bewerten. Allein im Sinne der Nachhaltigkeit könnte man Stunden, Tage und Wochen diskutieren über Sinn und Nutzen der WM in Katar – aber auch Transparenz und Logik der Vergabe großer (Sport-)Events im Allgemeinen.

In den kommenden vier Wochen widmen wir uns dabei einigen Thesen, die wir im laufenden Turnier diskutieren und kritisch prüfen wollen.

    1. FIFA-Präsident Gianni Infantino kündigt „die größte Show der Erde“ und das „beste Turnier aller Zeiten“ an. Oder kommt es doch ganz anders? Kann die mit geschätzt über 200 Milliarden teuerste WM aller Zeiten liefern?
    2. Winter-WM im Sonnen-Staat Katar: Ein Land mit vielen sozialen und politischen Differenzen im Vergleich zu bisherigen WM-Ländern. Wie werden wir die Bildsprache erleben und was werden Konsumenten vom Land und seinen Menschen sehen?
    3. Das Bewegtbild-Interview ist die Image-Broschüre einer Marke. Auch die des DFB. Die Sportler sind Vorbilder. Wie nehmen die „Stars“ des Verbandes Stellung? Wer kann hier vor der Kamera punkten, wer nicht?
    4. Die Medien über im Vorfeld massive Kritik an Katar. Wird diese kritische Haltung beibehalten, Themen wie Menschenrechte angesprochen – oder bleibt es bei beiläufigen, einzelnen Einspielern sobald das erste Spiel angepfiffen ist – Zeichen setzen oder Medien-business as usual?
    5. Rund 5 Milliarden Menschen und damit weit mehr als die Hälfte der Welt-Bevölkerung verfolgen die Weltmeisterschaft. Was ist dran an der FIFA-Prognose? Rekord-Einschaltquoten oder doch Boykott-Stimmung und WM-Stimmungsflaute?
    6. Auch in Katar gibt es am Ende einen Titelträger! Wie kommuniziert der Weltmeister 2022 im Spannungsfeld zwischen politischer Verantwortlichkeit und sportlichem Highlight?

 

Unsere Sportler bei HEINRICH Kommunikation werden unseren speziellen WM-Blog nach und nach aktualisieren und pflegen. Los geht’s mit These A) und einer entsprechenden Analyse zur Eröffnungsfeier am Montag!